"Noch lange im Gedächtnis bleiben"

Am vergangenen Mittwoch war der Zeitzeuge Burkhard Seeberg am Emsland-Gymnasium in Rheine zu Gast.

Die Schüler und Schülerinnen eines Q2 Grundkurses hatten die Möglichkeit, nachdem sie auch im Unterricht die deutsch-deutsche Teilung besprochen hatten, den Schilderungen des Zeitzeugen von Fluchtversuch und Stasi-Haft zu lauschen und Fragen zu stellen. Der gebürtige Münsteraner Seeberg trat noch zu Schulzeiten in die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) ein und fuhr 1973 zusammen mit einem Freund zu den „Weltfestspielen der Jugend und Studenten“ nach Ostberlin. Dort lernte der damals 19-jährige auch seine spätere Frau kennen. Es folgte ein reger Briefwechsel zwischen der Rostockerin und dem Münsteraner. Auch alle 30 Besuchstage, die Westdeutschen in der DDR gestattet wurden, nutzte Burkhard Seeberg für Begegnungen mit der Freundin. Auf die Frage einer Schülerin, ob sich seine Einstellung zur DDR durch die vielen Besuchsreisen und den Kontakt zu DDR-Bürgern geändert hätte, gab er zu, dass ihn die Verhältnisse in der DDR erschreckten und er sich deshalb immer weiter von der DKP und ihren Ansichten entfernte. Während dieser Aufenthalte in der DDR wurde auch der Staatssicherheitsdienst (Stasi) auf den Münsteraner Mathematikstudenten aufmerksam, da dieser Kontakt zu Professoren der Uni Münster hatte, die im Atomforschungszentrum Jülich arbeiteten.Trotz der IMs (inoffiziellen Mitarbeiter), die die Stasi auf Seeberg und seine Freundin angesetzt hatte, erfuhr die Behörde nichts von den Fluchtplänen des Paares. Burkhard Seeberg ließ in Münster einen Reisepass mitsamt der DDR-Einreisestempel fälschen und das junge Paar versuchte über Ungarn in die BRD auszureisen. Der Fluchtversuch scheiterte jedoch an der falschen Stempelfarbe im Reisepass. Im August 1979 wurden sie an der ungarisch-österreichischen Grenze festgenommen und kamen in das Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen. Seeberg berichtete den Schülerinnen und Schülern von den inhumanen Methoden dort: „Am Tag durfte man sich nicht auf das Bett setzten und auf dem Hocker sitzend durfte man sich nicht mit dem Rücken an die Wand anlehnen.“ Nach seiner Verurteilung wegen versuchten Menschenhandels wurde Seeberg in die Haftanstalt Bautzen II verlegt. Seine Freundin wurde wegen Republikflucht ebenfalls verurteilt und kam in die Haftanstalt Hoheneck. Im Juli 1980 wurde sie für 70.000 Mark von der BRD freigekauft. Zwei Monate später wurde auch Burkhard Seeberg, nach insgesamt 13 Monaten Haft, von der BRD für ebenfalls 70.000 Mark freigekauft und das Paar zog zurück in Seebergs Heimat Münster.
Die Schülerinnen und Schüler hörten den Erzählungen des Zeitzeugen interessiert zu und stellten zahlreiche Fragen. Die spannenden Schilderungen von Burkhard Seeberg, werden ihnen sicherlich noch lange im Gedächtnis bleiben und schaffen ganz sicher einen gelungenen Abschluss des Geschichtsunterrichts für ihr durch Corona stark beeinträchtigtes letztes Schuljahr.

 

 

Schreiben von Judith R. nach einem Besuch von Burkhard Seeberg am Emsland-Gymnasium Rheine am 24.03.2021